Freitag, 9. September 2011

Ruhige 1-Zimmer-Wohnung in zentraler Lage.

Wer nicht gerade den opulenten Raumforderungen von Ludwig XIV. (von Kennern auch gerne "Lui Kattorss" genannt) verfallen ist und nicht unbedingt in einem Schloss wohnen muss, für den klingt das Angebot einer ruhigen 1-Zimmer-Wohnung in zentraler Lage durchaus attraktiv. Genügsame Menschen - fernab des angesagten Minimalismus - wählen, je nach Herkunft "1-Raum-" oder "1-Zimmer-Wohnungen" als Refugium aus, da sie entweder sowieso die ganze Zeit unterwegs sind und ihr Domizil nur zum Schlafen, Essen und der Zelebrierung der ausgiebigen Morgentoilette nutzen oder sie schlichtweg nicht über die finanziellen Mittel für Größeres verfügen.  

Stöbert man so durch das Internet und sucht mehr oder weniger gezielt nach Wohnungen, dann trifft man auf die unterschiedlichsten Angebote in den verschiedensten Städten - ach! Das Angebot, auf das sich diese Überschrift bezieht, kommt aus München. Eine Stadt, die jetzt nicht gerade dafür bekannt ist, Leute aus aller Welt wegen günstiger Mieten und niedrigen Lebenshaltungskosten anzuziehen - dafür zeichnen sich eher die Wiesn, das Bier (Ich liebe Augustiner - Anm. Red.) und die Lederhosen verantwortlich.

So überrascht es kaum, dass dieses wohlklingende Angebot einen Haken haben muss. Man bekommt einen Wohnraum zur Verfügung gestellt, der gerade einmal 35 qm umfasst und für den man dann schlussendlich 580 € berappen darf. "Schlussendlich" trifft es nicht direkt, denn hinter der Formulierung "Weitere Kosten möglich" stecken mindestens noch einmal ca. 30 € Heizkosten monatlich (Jahreszeiten-abhängig). Von Kaution und anderen Kosten ist in dem Angebot noch keine Rede, dazu muss man dann das nette Gespräch mit der Maklerin abwarten, die sich sicherlich - gerade in München - die "uneingeschränkte Provisionsfreiheit" auf die Fahnen geschrieben hat. Nun gilt es, sich die Überschrift erneut anzuschauen. Wer oder was ist eigentlich diese "zentrale Lage"? Ohne sich in Diskussionen und Definitions-Wirrungen zu verlieren sei gesagt: Diese Wohnung ist ebenso zentral wie die Irrungen der deutschen Bildungspolitik, nämlich jarnüscht! Die Kompetenz in Sachen Bildung liegt im Wesentlichen bei den Ländern und "Land" trifft es bei der Beschreibung der Wohnungslage dann auch ganz gut. Dass eine eine "EBK" vorhanden ist, positiviert die Lage nur unwesentlich. Eine "gute Verkehrsanbindung" ist zwar nicht explizit in diesem Angebot erwähnt, jedoch ist diese durch die fußläufig zu erreichende Autobahn mehr als gegeben. Soviel zum Thema Ruhe. Zumindest haben wir die Überschrift auf "1-Zimmer-Wohnung" reduzieren und so den Gegebenheiten anpassen können. Viel zu teuer und hält nicht das, was es vermeintlich verspricht! 

"Da lob ick' ma doch Balin"! Auch die Hauptstadt ist nicht von großen Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt verschont geblieben, was sich zwangsläufig natürlich auch in den Mietpreisen widerspiegelt. Teilweise sind Mieterhöhungen ja nur natürlich. Den Rest hat Berlin den Schwaben, Finanzinvestoren, Immobilien-Haien und sonstigen Yuppies zu verdanken. Nun gut.

Nichtsdestotrotz der Senat hat die Zeichen der Zeit erkannt und schon vor längerer Zeit ein neuartiges, innovatives und aus öffentlichen Geldern finanziertes Wohnraumkonzept ("micro flatting") auf den Weg gebracht, um kleinere Wohneinheiten wieder bezahlbar und für die breite Bevölkerung zugänglich zu machen. Gerade für diejenigen die - wie oben schon erwähnt - sowieso immer nur auf Achse sind oder Touristen, ist dies ein attraktives Konzept, da eine Weiter- bzw. Untervermietung jederzeit möglich ist und man somit auch die Last der monatlichen Miete auf mehrere Schultern verteilen kann. Und wenn es einem in seiner aktuellen Behausung nicht mehr gefällt und man doch noch mal in "einem Szene-Kiez wohnen will", dann ermöglicht dies Wohnungsbaugesellschaft modern und schnell. Mit einer eigenen App kann die Verfügbarkeit eines neuen Domizils schnell erfragt werden und bei einem positiven Ergebnis steht dem schnellen Umzug dann nichts mehr im Wege.      

Der Vorteil dieses Modells liegt ganz klar auf der Hand: die hohe Verfügbarkeit und der sehr unbürokratische Ablauf. Zurzeit sind Besichtigungstermine noch jederzeit und ohne Voranmeldung möglich. Die Chancen, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen, stehen fast bei 100% und bei Gefallen ist ein sofortiger Einzug ebenso erwünscht, wie die Bezahlung der Miete in Bar vor Ort. Um einen reibungslosen Ablauf der Vermietung zu ermöglichen, wird auf einer Vorauszahlung der Kaution gleichermaßen verzichtet, wie auf die Entrichtung einer  Maklerprovision. Auf Wunsch können Genossenschaftsanteile erworben werden, dazu muss man sich aber gesondert an die entsprechenden Stellen wenden.

Auch bei den "micro flats" hängt die Höhe der Monatsmiete natürlich von der geographischen Lage ab. Vor allem in Mitte werden bis zu  1080 € aufgerufen, wobei dagegen in Spandau, aber auch vereinzelt in Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg Buden für 648 € monatlich zu haben sind. Alle Mieten verstehen sich natürlich als "warm", also inklusive aller Nebenkosten und obendrauf wird die komplette Reinigung auch noch von der Hausverwaltung übernommen. Um dem Gedanken des sozialen Wohnungsbaus und der "Barrierefreiheit" gerecht zu werden, sind alle Wohnobjekte größtenteils behindertengerecht eingerichtet und können von körperlich versehrten Personen zu reduzierten Konditionen von 720 € bzw. 432 € in Anspruch genommen werden.

Es gilt eigentlich nur noch dem Senat dafür zu danken, dass durch kluge Investitionen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus die Möglichkeit geschaffen wurde, dem Ansturm auf Berlin Herr zu werden und jedem - egal ob Tourist, Schwabe oder Immobilenhai in Ausbildung - die Chance auf Wohnraum zu geben. Besonders sollte man Hans danken, denn ohne seine "micro flats" wäre das alles nicht möglich geworden - ehrlicher und passender als das "Wohnklo mit Kochnsiche" in München sind sie alle mal.

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